„Man schreibt ja nicht auf dem Dating-Portal: Chronisch kranke, unfruchtbare Frau mit mangelnder Libido – sucht Mann fürs Leben“, „Ich halte dann einfach ganz still und hoffe, dass die Schmerzen beim Sex nicht so schlimm werden“, „Da muss ich durch, ich will ihn ja nicht verlieren“.

 

Chronische Erkrankungen, wie Endometriose beeinflussen das Leben von jungen Frauen auf allen Ebenen. Eine besonders intime Ebene – das Sexualleben. Aussagen wie die oben genannten klingen drastisch, werden so oder so ähnlich immer wieder von Betroffenen geäußert. Wir möchten ein Thema beleuchten, das häufig hinter verschlossenen Türen besprochen wird: Wie beeinflusst die chronische Erkrankung Endometriose das Sexualleben?

Um zu verstehen, warum Endometriose das Sexualleben von Betroffenen so stark beeinflusst, muss man zunächst die körperlichen Auswirkungen der Krankheit etwas genauer betrachten. Die Gebärmuttermuskulatur, Eierstöcke, Eileiter, die Harnblase und der Darm sind häufig von endometriumähnlicher Schleimhaut befallen. Größere Operationen, die Entfernung einzelner betroffener Bereiche und die chronischen Schmerzen führen zu großen Wunden im Bauchraum und einer dauerhaften Anspannung der Gebärmutter und des Beckenbodens. Dazu kommen die hormonellen und mentalen Veränderungen. „Die Östrogenproduktion (der Treiber der Erkrankung) wird blockiert, was zur Scheidentrockenheit führen kann. Die Hormontherapie mit Gestagenen kann zu Libidoverlust führen und der oft unerfüllte Kinderwunsch zu zusätzlichem Stress beim Sexualverkehr. Obendrauf kommen die operationsbedingten Verwachsungen, die zu Verkrampfungen im Unterbrauch führen. Da vergeht den meisten schon beim Zuhören die Lust“, so Dr. Kerstin Knauth, Chefärztin für Gynäkologie im AMEOS Reha Klinikum Ratzeburg und Leiterin des Endometriosezentrums. Sie begleitet betroffene Frauen bereits seit vielen Jahren. „Ich höre immer wieder von Frauen, wie sehr sie unter dem Libidoverlust leiden. Sie fühlen sich einfach nicht mehr wie sie selbst, Partnerschaften werden kompliziert und Berührungen zur Belastung“, erzählt Dr. Kerstin Knauth. 

Eine schnelle medizinische Lösung des Problems gibt es leider nicht, und zur körperlichen Komponente kommt die seelische hinzu. Angelika von Aufseß, Leitende Psychologin im AMEOS Reha Klinikum Ratzeburg, hört in den Einzel- und Gruppengesprächen von vielen Sorgen und Ängsten rund um das Thema Sexualität. Der Verlust von Leichtigkeit, Spontanität und Intimität werden von beiden Partnern als schmerzlich erlebt. Selbst an Beziehungen, in denen der Mann fürsorglich und verständnisvoll ist, nagt dieser Verlust. Manche Frauen befürchten, dass langfristig der Partner komplett die Lust verliert – im wahrsten Sinne des Wortes - und sich eine unkompliziertere Partnerin suchen könnte.

Die Frage nach einem Weg aus dieser angespannten Situation steht häufig im Fokus der Therapien und Beratungen: „Welche Situationen lassen sich schaffen, die Entspannung und Erotik erlauben? Welche emotionalen Voraussetzungen braucht die Frau, um sich fallen zu lassen? Welche Maßnahmen im Liebesspiel verhindern Schmerzen so weit wie möglich? Dabei ist es wichtig, dass die Frau zunächst selbst ihren Körper neu erkundet, Erregungszonen findet und die beste Sexstellung erforscht, die weniger Schmerzen bereitet. Und als zentrale Aufgabe: wie können offene Kommunikation, Verständnis und gemeinsame Lösungsorientierung für einen Abbau von Druck und Angst sorgen?“, erklärt von Aufseß. 

Aber auch Themen wie Akzeptanz der Erkrankung, Achtsamkeit und Selbstfürsorge im Alltag sind nützliche Wegbereiter für eine genussvolle Zeit zu zweit. Denn am Ende zählen das eigene Wohlbefinden, die Lust am Sex und die Neuentdeckung der Sexualität trotz und mit der Erkrankung Endometriose.  
 

Was ist Endometriose?

Endometriose ist eine häufige und gutartige Erkrankung. Dabei siedelt endometriumähnliche Schleimhaut an Stellen an, wo sie nicht hingehört. In den meisten Fällen sind die Gebärmutter, die Eierstöcke, die Eileiter, die Blase, das Bauchfell und der Darm betroffen. Während der Periode blutet die endometriumähnliche Schleimhaut zyklisch mit. Dies erklärt auch, warum Frauen vor allem während ihrer Periode unter starken Schmerzen leiden. Die Frauen werden meist mehrmals operiert, obwohl die Hormontherapie und die multimodale Schmerztherapie gute Erfolge verzeichnen. 

Unser Reha Angebot

Aufgrund des komplexen Krankheitsbildes brauchen betroffene Frauen eine ganzheitliche medizinische Betreuung. In zertifizierten Endometriosezentren für Rehabilitation, wie dem AMEOS Reha Klinikum Ratzeburg, können sie neue Kraft schöpfen, durch Therapiekonzepte Linderung für ihre Schmerzen finden und in einen Austausch mit ärztlichem Fachpersonal und anderen betroffenen Frauen treten. 

Weitere Informationen finden Sie unter: www.ameos.eu/endometriosezentrum