Was brauchen Angehörige, die sich um einen Pflegebedürftigen kümmern und mit ihm leben? Gibt es eine Belastungsgrenze und wann ist sie erreicht? In ihren Therapiegesprächen mit den betroffenen pflegenden Angehörigen erleben die Ärzte und Psychologen der Rehabilitationsklinik für pflegende Angehörige im AMEOS Reha Klinikum Ratzeburg oft große Ratlosigkeit, Verzweiflung und Angst vor dem, was noch kommen mag.

Zuneigung und Liebe, Mitleid und Dankbarkeit, Pflichtbewusstsein und Verantwortungsgefühl bringen Menschen dazu, ein pflegebedürftiges Familienmitglied zu betreuen und zu pflegen. Diese Gefühle führen pflegende Angehörige aber auch geradewegs in ein Dilemma: Denn mit der Übernahme von Pflege, Betreuung und Verantwortung für den betroffenen Partner, die Eltern oder Großeltern stellen die meisten so lange ihre eigenen Bedürfnisse hinten an, bis sie sich selbst verlieren: Ihr Leben fokussiert sich nur noch darauf, den Alltag mit dem Pflegebedürftigen irgendwie zu überstehen. Sie haben bald kein eigene Interessen, keine Hobbys und auch bald keine Freunde mehr.

Das macht pflegende Angehörige krank

Weil die psychosoziale Belastung langsam aber stetig für sie ansteigt, werden Menschen, die tagtäglich in der Pflegesituation leben, krank. Das ständige Eingebundensein, das einen oft nicht mehr zum Schlafen kommen lässt und zermürbt, führt schließlich zu einem Verlust aller sozialen Aktivitäten, Einsamkeit und Niedergeschlagenheit.

Für ihren aufopfernden Einsatz erhalten sie außerdem kaum Anerkennung – das frustriert zusätzlich. Und es hat spürbare gesundheitliche Folgen: Das Immunsystem pflegender Angehöriger ist häufig besonders geschwächt, viele pflegende Angehörige weisen körperliche Beschwerden wie z.B. Magen-, Glieder- oder Herzbeschwerden auf. Und es lässt sich auch statistisch nachweisen, dass sie einen erhöhten Medikamentenkonsum haben: Schlaf- und Beruhigungsmittel, Schmerzmittel, Psychopharmaka.

Das können pflegende Angehörige selbst tun

Eine wichtige Voraussetzung, um unter diesen Belastungen gesund zu bleiben, ist, über die Auswirkungen der familiären Pflege für die Pflegenden ausreichend informiert zu sein. Wer außerdem in Schulungen gelernt hat, wie man mit den Betroffenen umgehen kann, und die ihm zustehende Beratung (z.B. in einem Pflegestützpunkt) nutzt, Entlastungsangebote kennengelernt hat und weiß, wie man sie finanzieren kann, der hat schon einen wichtigen Schritt getan, sich selbst zu schützen.

Das aber ist leichter gesagt als getan, denn es setzt voraus, dass man die Pflegebedürftigkeit des Partners oder des Elternteils akzeptiert hat, aber sich trotzdem nicht von ihr dominieren lässt. Das gelingt dann, wenn man Hilfe einfordern und annehmen kann, wenn man sich Auszeiten gönnt und weiterhin soziale Kontakte pflegt. Dazu muss man sich um sein eigenes Wohlbefinden genauso kümmern wie um das seines Schützlings.

Die Rehabilitanden, die zu uns nach Ratzeburg sind körperlich und seelisch häufig schwerstbelastet und fühlen sich oft vollkommen am Ende ihrer Kräfte oder in einer ausweglos scheinenden Situation. Dann fallen Sätze wie dieser: „Aber trotzdem kann ich meinen Mann doch nicht in ein Pflegeheim abschieben, das habe ich ihm doch versprochen!“ 

Wieder auf die eigene Stimme hören

Es ist aber häufig auch die Angst vor einer Verurteilung durch Familie, Freunde und Nachbarn, die viele davon zurückhält, über eine Alternative zur häuslichen Versorgung weiter nachzudenken. Man kann aber spüren, wann die eigenen Grenzen erreicht sind. Deshalb raten wir Rehabilitanden dazu, wieder zu lernen, auf die eigene Stimme zu hören und nicht auf das, was andere denken könnten oder erwarten.

Es ist mutig, aus dem Stimmengewirr die eigene Stimme wieder herauszuhören. Und manchmal wird diese auch sagen, dass es für beide besser sein kann, wenn der Betroffene in einer Pflege-WG oder in der Wohngruppe einer Pflegeeinrichtung lebt, wo man ihn jederzeit besuchen kann.

Vielleicht haben Sie weitere Fragen zur Rehabilitationsklinik für pflegende Angehörige im AMEOS Reha Klinikum Ratzeburg? Für alle telefonischen Auskünfte wenden Sie sich an unser Team vom Belegungsmanagement unter Tel. 04541/13-3800