Wer mit einem Demenzkranken zusammenlebt, bemerkt es früher oder später: Die Kommunikation verändert sich, gewohnte Dialoge finden nicht mehr statt, der Kranke reagiert auf ganz alltägliche Aufforderungen nicht mehr wie erwartet. Als Demenzberaterin weiß Barbara Hergert, wie groß die Schwierigkeiten werden können, wenn die vermeintliche Sprachlosigkeit wächst.

Es ist ein Sender-Empfänger-Problem: Der Demenzkranke kann keine klaren Botschaften mehr senden und der Pflegende selbst hat zunehmend Probleme damit, zu verstehen, was der Demenzkranke ausdrücken möchte. So entstehen auf beiden Seiten Missverständnisse, die den Alltag belasten und häufig zu Konflikten führen.

Um weiterhin in gutem Kontakt zu bleiben, müssen Angehörige ihre Kommunikation an die Möglichkeiten des Demenzkranken anpassen. Bedenken Sie dabei bitte einfach: Kommunikation geschieht – und zwar meistens gleichzeitig – über die gesprochene Sprache (Inhalte), über die Körpersprache (nonverbal) und über die Betonung der Sprache (paraverbal). Alle dieser drei Ebenen unterstützen sich gegenseitig bei der Übermittlung von Botschaften.

Sprache - verbale Kommunikation

Die Fähigkeit zu reden und Gesprochenes zu verstehen, verlangt enorme Leistungen vom Gehirn und unterliegt darum im Verlauf einer Demenzerkrankung großen Veränderungen und Einbußen. Sprachverständnis und Wortschatz verringern sich und irgendwann hat die Sprache als Informationen tragende Kommunikationsform für den Demenzkranken keine Bedeutung mehr.

Körpersprache - nonverbale Kommunikation

Während die verbale Kommunikationsfähigkeit im Verlauf der Demenzerkrankung nachlässt, bleiben Ausdrucks- und Wahrnehmungsmöglichkeiten über Körpersprache und Betonung lange erhalten. Die Sprache des Körpers, also Mimik, Gestik, Haltung und Bewegung sind Zeichen für das innere Befinden. Spürt man beispielsweise ständige Last auf den Schultern und ist mutlos, dann sinken die Schultern und der Rücken wird krumm. Mit Ihrer Körpersprache können Sie aber auch bewusst eine wohlwollende Haltung dem Kranken gegenüber ausdrücken, die seine Ängste mindert und sein Vertrauen in Sie fördert. Das einfache Drücken der Hand des Kranken kann eine sehr beruhigende Geste sein.

Betonung - paraverbale Kommunikation

Auch wenn ein demenzkranker Mensch nicht mehr in der Lage ist, sich richtig auszudrücken und zu verstehen, muss weiterhin mit ihm gesprochen werden. Dabei gewinnt die Art, wie gesprochen wird, zunehmend an Bedeutung. Die Betonung zeigt die Gefühlslage an und wird umso wichtiger, je weniger der Inhalt des Gesagten verstanden wird bzw. je weniger der Demenzkranke selbst die richtigen Worte findet.

Menschen mit Demenz kommunizieren mit uns, indem sie

  • ein und dieselbe Frage ständig wiederholen
  • immer wieder dasselbe erzählen, weil sie vergessen, worüber sie gerade noch gesprochen haben
  • abschweifen vom eigentlichen Gesprächsthema
  • fast nur noch über die weit zurückliegende Vergangenheit sprechen
  • oft falsche Behauptungen aufstellen.

Das hat ganz bestimmte Gründe: Sie tun das, weil sie

  • Probleme haben, einem Gespräch zu folgen, besonders wenn mehrere Personen beteiligt sind
  • sich nicht mehr an Namen, Orte, Objekte, Personen erinnern
  • zwischen unterschiedlichen Gesprächsthemen kaum noch inhaltliche Zusammenhänge erkennen können
  • sich selbst und anderen nur schwer eingestehen können, dass ihnen diese Fähigkeiten einfach abhanden kommen.

Weil der Demenzbetroffene also nicht nur immer weniger versteht, sondern auch nicht mehr verständlich ausdrücken kann, kann die Kommunikation mit demenzkranken Angehörigen sehr anstrengend sein. Damit das Zusammenleben entspannter wird, muss der Angehörige sich auf den Demenzbetroffenen einstellen. Gesprächsinhalte oder Wissensvermittlung stehen mit zunehmender Krankheitsdauer nicht mehr im Vordergrund. Vielmehr geht es darum, auf der Beziehungsebene dem Betroffenen das Gefühl von Sicherheit und Vertrautheit zu vermitteln.

Pflegende Angehörige können das ganz bewusst steuern, indem sie für den Demenzbetroffenen immer verständlich sind:

  • Den Demenzbetroffenen nicht mit seinen Fehlern konfrontieren
  • Diskussionen unbedingt vermeiden
  • Geduld und Ruhe bei jeglichem Kontakt mit ihm bewahren
  • Vor dem Ansprechen bereits Kontakt mit dem Kranken aufnehmen, durch Blick, Berührung und/oder indem Sie ihn mit seinen Namen ansprechen
  • In kurzen Sätzen langsam und deutlich sprechen und dabei eindeutige Aussagen treffen
  • Durch Sprechen über alltägliche Dinge dem Kranken das Gefühl von Harmonie und Zugehörigkeit vermitteln
  • Nicht mit Lob für den Betroffenen sparen, auch bei scheinbar selbstverständlichen Handlungen
  • Über schöne Erlebnisse aus der Vergangenheit sprechen
  • Sprichwörter und Redewendungen verwenden, Lieder von damals anstimmen
  • Den Demenzbetroffenen nicht mit Alternativen überfordern, lieber eindeutige Vorschläge mit positiver Bestärkung machen (Nicht: „Möchtest du die blaue oder die schwarze Hose anziehen" sondern: „In der blauen Hose siehst du sehr gut aus, ich lege sie dir raus.")
  • Die kurze Aufmerksamkeitsspanne des Bteroffenen beachten
  • Niemals in Gegenwart des Betroffenen mit anderen Menschen über ihn reden.

Außerdem müssen pflegende Angehörige signalisieren, dass sie den Demenzbetroffenen verstehen:

  • Vergewissern, ob man richtig verstanden hat, dabei auf seine Mimik und Gestik achten
  • Das Verstandene wertschätzend in einfachen Worten wiederholen
  • Fehlende Wörter anbieten
  • Interpretationsvorschläge für unverständliche Äußerungen anbieten
  • Gefühle erspüren und wertschätzend formulieren.

Bitte achten Sie darauf, ob sich das Seh- und Hörvermögen Ihres demenzkranken Angehörigen verändert hat! Diesbezügliche Einschränkungen können das Kommunikationsvermögen des stark beeinflussen.

Auch und gerade Menschen mit Demenz brauchen Bestätigung, wie wir alle. Sprechen Sie deshalb über Dinge, die der Betroffene gut gemacht hat, anstatt zu kritisieren. Setzen Sie Körpersprache und Betonung gezielt ein, um Ihre Zuwendung auszudrücken. Das beugt Stress vor, baut Druck ab und erhöht die Wahrscheinlichkeit eines entspannten Zusammenlebens. 

Weitere Informationen

Die Rehabilitationsklinik für pflegende Angehörige im AMEOS Reha Klinikum Ratzeburg gibt Auskunft über ihre Rehaleistungen und die Mitnahme des Demenzbetroffenen. Telefonische Beratung: 04541 13 38 00.