Wie man richtig inhaliert und warum das so wichtig ist, erklärt Facharzt Eike Hansen seinen Rehabilitanden  in Vorträgen und durch praktische Übungen. Denn immerhin machen 70 Prozent der Lungenpatienten beim Inhalieren leicht vermeidbare Fehler. In diesem Beitrag erklärt der Pneumologe wie sich die Wirksamkeit der Medikamente mit der richtigen Technik ganz einfach und ohne Mehraufwand steigern lässt.

Unwissenheit macht unsicher, Wissen macht sicher – vor allem im Umgang mit Medikamenten sollten Patienten wissen, was sie tun und auch die Wirkmechanismen von Medikamenten kennen: Adrenalin- und cortisolähnliche Medikamente können Menschen mit Lungenkrankheiten wirksam helfen, wenn sie richtig angewendet werden.

Adrenalin: Kämpfe oder flieh

Wenn der Mensch in eine Bedrohungssituation kommt – zum Beispiel der Urzeitmensch auf einmal dem Säbelzahntiger gegenüberstand – dann wird das Stresshormon Adrenalin produziert. Dieses Stresshormon hat an verschiedenen Organen des Körpers unterschiedliche Effekte.

Das Herz schlägt schnell und kräftig, damit die Muskeln mit Energie und Sauerstoff versorgt werden. Das Gehirn wird aggressiv und reaktionsschneller, um im Kampf oder auf der Flucht die richtigen Anweisungen zu geben. Das Schmerzempfinden wird unterdrückt, damit es nicht stört. Die Durchblutung der Muskeln wird gesteigert, damit sie viel Energie erhalten. Die Atemwege werden weit aufgemacht, damit genug Sauerstoff eingeatmet wird, um die Muskeln für maximale Leistungen versorgen zu können.

Adrenalin macht also die Atemwege weit. Da es aber auch Herzrasen, Stress und Bluthochdruck verursacht, wäre eine „Adrenalintablette“ für Lungenärzte aufgrund der Nebenwirkungen problematisch.

Cortisol: Gegen den „Wutausbruch des Abwehrsystems“

Unser Körper wird von unserem Abwehrsystem beschützt. Bakterien, Viren, Pilze würden nicht nur mit und in uns friedlich zusammenleben (was sie zum Beispiel auf der Haut oder im Darmtrakt tun), sondern uns krank machen oder töten, wenn unser Immunsystem nicht die aggressivsten unter ihnen in ihre Schranken weisen würde.

Wenn unser Abwehrsystem aber überreagiert, kann uns das auch krank machen. Wenn es zum Beispiel Birkenpollen für gefährlich hält, dann wird es die Atemwege auffordern, zu ihrem Schutz eine Schleimschicht zu produzieren und sich zu verengen, damit die scheinbar gefährlichen Pollen nicht hinein kommen. Das wäre dann ein Asthmaanfall.

Cortisol fordert das Abwehrsystem auf, sich nicht so aufzuregen. Außerdem erhöht es den Blutzuckergehalt. Wenn mehrere Wochen sehr viel Cortisol im Körper ist, führt dies zu Muskelschwäche und Veränderung im Aussehen des Körpers. „Cortisoltabletten“ sind segensreich, wenn sie erforderlich sind, aber wenn das Cortisol nur an den Atemwegen wirksam wäre, dann hätte man den Nutzen mit deutlich weniger Nebenwirkungen.

Medikamente zum Einatmen

Damit ein Stoff, ob Gift oder Medikament, in die Atemwege kommt, muss es sehr klein sein. Stoffe, die größer als 10 Mikrometer (also 0,01 Millimeter) sind, kommen nicht in die Atemwege, sondern lagern sich überwiegend im Rachen ab. Ideal lagern sich Teilchen mit einer Größe von 1-6 Mikrometer ab. Das heißt, das Medikament muss so klein sein wie eine Bakterie.

Es gibt zwei „Zubereitungsformen“, wie adrenalin- oder cortisolähnliche Medikamente in den Atemwegen und praktisch nur in den Atemwegen wirksam werden: entweder, man atmet sie als Dosieraerosol ein. Hier schwebt das Medikament in winzigen Tröpfchen in einem Treibgas. Oder man atmet sie als feinstes Pulver mit einem Pulverinhalator ein. So muss man die Nebenwirkungen, die das gleiche Medikament als Tablette hätte, nicht fürchten.

Fehler sind menschlich oder: Vertrauen ist gut…

Wenn Ihr Arzt oder Lungenarzt Sie bittet, ihm zu zeigen, wie Sie Ihren Inhalator verwenden, handelt er vernünftig: Untersuchungen haben gezeigt, dass etwa 70% aller Patienten Fehler bei der Nutzung des Inhalators machen, wodurch die Behandlung weniger wirksam wird. Fast alle Patienten glaubten, die richtige Anwendung des Gerätes zu kennen.

Das heißt: Ihr Arzt hält Sie nicht für besonders ungeschickt, wenn er sich von Ihnen zeigen lässt, wie der Inhalator verwendet wird, er will sichergehen, dass Sie die bestmögliche Wirkung der Medikamente bei minimalen Nebenwirkungen haben. Nehmen Sie das nächste Mal Ihren Inhalator mit zum Arzt und zeigen ihm, wie Sie ihn nutzen.

Nutzen Sie ein Dosieraerosol?

Dann gehen Sie folgende Checkliste durch:

  • Deckel abnehmen / Gerät vorbereiten
  • Inhalator schütteln
  • Komplett ausatmen
  • Inhalator in den Mund nehmen und komplett mit den Lippen umschließen. Beachten: halten Sie ihn richtig herum gleichzeitig durch Druck einen Stoß des Sprays auslösen und mit einer gleichmäßigen langsamen tiefen Einatmung beginnen. Hier die zeitnahen Beginn des Sprühens und Atmens besonders beachten! Einatmen bis es nicht mehr geht.
  • Luft anhalten, im Geiste bis 10 zählen
  • Langsam (ggf. mit Lippenbremse) ausatmen
  • Frühestens nach 1 Minute den nächsten Hub / das nächste inhalative Medikament
  • Cortisolhaltiges Spray? Mund ausspülen, Wasser trinken
  • Gerät reinigen

Sollte Ihnen das gleichzeitige Sprühen und Einatmen schwer fallen oder Sie haben immer wieder Nebenwirkungen wie Heiserkeit oder Pilzbefall im Mundraum, nutzen Sie eine Inhalationshilfe. Ihr Arzt kann Ihnen eine rezeptieren.

Nutzen Sie einen Pulverinhalator?

Dann gehen Sie folgende Checkliste durch:

  • Gerät vorbereiten (Deckel entfernen, dann je nach Gerät unterschiedlich: Laden durch Tastendruck oder Austausch einer Kapsel und Anstechen derselben oder Hin- und Herdrehen eines Rades oder Betätigung eines Hebels…)
  • Komplett ausatmen. Nicht in den Inhalator ausatmen, sonst wird das Pulver zu Schlick!
  • Inhalator in den Mund nehmen und komplett mit den Lippen umschließen
  • Schnell und tief einatmen. Hier unterscheidet sich die Inhalationstechnik vom Dosieraerosol. Je gieriger und kräftiger Sie saugen, desto besser kommt das Medikament an.
  • Luft anhalten, im Geiste bis 10 zählen
  • Langsam (ggf. mit Lippenbremse) ausatmen
  • Frühestens nach 1 Minute den nächsten Hub / das nächste inhalative Medikament
  • Cortisolhaltiges Pulver? Mund ausspülen, Wasser trinken
  • Gerät reinigen

Wenn Sie es nicht schaffen, schnell und tief einzuatmen, wäre ein Wechsel auf ein Dosieraerosol mit Inhalationshilfe eine Alternative.

Wo kann ich mir das zeigen lassen?

  • Sehen Sie sich die Anleitungsfilme (Tutorials) der sehr informativen Seite der Atemwegsliga an: Unter dem Menüpunkt „Richtig inhalieren“ finden Sie gute Filme zu jedem Inhalator.
  • Gute Informationen und Anleitungen erhalten Sie auch von Ärzten und Pflegern. Laut einer Studie wissen hierbei Lungenärzte am besten über Inhalationstechnik Bescheid.
  • Bei uns im AMEOS Reha Klinikum nehmen wir uns für unsere Patienten Zeit, um mit ihnen über ihre Lungenkrankheit und die Behandlung der Lungenkrankheit zu reden.

Mehr Informationen über eine pneumologische Rehabilitation im AMEOS Reha Klinikum Ratzeburg oder telefonisch: 04541 13-3800