Wenn Rosemarie Hopfenwieser vom Glück spricht, dann leuchten ihre Augen. Seit Jahren beschäftigt sich die Gesundheits- und Krankenpflegerin mit Ressourcenförderung im pflegerischen Kontext – hinter diesem sperrigen Titel verbirgt sich die Suche nach dem verloren geglaubten Glücksempfinden bei Patient*innen mit psychischen Erkrankungen. In der Co-Therapie begleitet sie Menschen mit Depressionen auf diesem Weg. „Glück ist wie ein Muskel, den wir trainieren können“ erklärt sie z. B. auch Frau S., die nach dem Verlust ihres Mannes wegen einer schweren depressiven Episode im AMEOS Klinikum Inntal behandelt wird. Irgendwann schaffen es auch kleine Glücksmomente wieder in den Fokus von Frau S. – für Frau Hopfenwieser ein grosser Schritt. „Auf einmal bestand diese Patientin, die immer nur schwarz trug, nicht mehr ausschließlich aus Trauer. Sie war wieder eine Frau mit Interessen, sie war Mutter, eine Grossmutter mit süßen Enkeln, von denen sie mir Handyfotos zeigte. Auch wenn der Verlust schmerzte, so erstickte er nicht mehr alles Schöne um sie herum.“

Rosemarie Hopfenwieser liebt ihre Arbeit in der psychosomatischen Pflege. Wobei auch ihr Werdegang mit der klassischen Pflege begann. Wundversorgung, Zugänge legen, Waschen, Umlagern: All diese so wichtigen Aufgaben erledigt sie mit Hingabe und Herzblut. Dann kommt der Wendepunkt: „Ich war im intensivmedizinischen Bereich tätig und wollte das Beste für meine Patient*innen. Doch irgendwann konnte ich hinter den medizinischen Geräten den Menschen nicht mehr sehen. Ich wollte weg von der Apparatemedizin und wieder hin zum Patienten.“ Die psychosomatische Pflege kommt da genau recht. Die Fachklinik für Psychosomatik in Simbach am Inn gibt es zu dem Zeitpunkt schon ein paar Jahre, Rosemarie Hopfenwieser bewirbt sich und lernt ein völlig neues Aufgabenfeld kennen. „Psychosomatik pflegt anders, das habe ich schnell gemerkt. Erst einmal hat man es mit völlig anderen Krankheitsbildern zu tun, zweitens fallen die klassischen Aufgaben der Pflege weg. Stattdessen leiten wir Entspannungsgruppen wie Progressive Muskelentspannung oder unterstützen die Patient*innen mit co-therapeutischen Krisengesprächen.“

Das neue Arbeiten macht Rosemarie Hopfenwieser Spass. Doch irgendetwas fehlt ihr: „Ich hatte das Gefühl, als würde ich ausbrennen. Das hatte ich noch aus meinem vorherigen Job mitgenommen. Mir war klar, dass ich einen richtigen Tapetenwechsel brauche.“ Wovon viele Menschen hin und wieder träumen setzt Rosemarie Hopfenwieser kurzerhand um: Sie wandert aus. Unter die spanische Sonne zieht es sie, nach Mallorca. Sie lernt Spanisch, arbeitet in der Gastronomie, als Familienbegleiterin und Immobilienverwalterin. Sie begegnet den unterschiedlichsten Menschen in den verschiedensten Situationen – und lernt einiges über sich selbst: „Ich habe immer wieder neue Herausforderungen angenommen und mich ständig neu ausprobiert. Eine intensive Selbsterfahrung. Das ist für meinen Job heute noch sehr wichtig.“

Nach zehn Jahren steht Rosemarie Hopfenwieser wieder am Flughafen. In den Koffern ihr Leben in Spanien und ein grosser Erfahrungsschatz. Da sie die ganzen Jahre über mit ihren Kolleg*innen aus Simbach am Inn freundschaftlich verbunden geblieben war, fällt ihr die Rückkehr nicht schwer: „Viele meiner Weggefährt*innen aus Simbach waren immer noch da – und sind es zum Teil heute noch. Es war wie nach Hause zu kommen.“

Heute ist Rosemarie Hopfenwieser stellvertretende Pflegedienstleiterin im AMEOS Klinikum Inntal. Sie ist Teil des Teams der Klinik für Transkulturelle Psychosomatik. Auch dank ihres Lebens im Ausland und ihrer Offenheit gegenüber anderen Kulturen der richtige Platz für sie. Ihre Patient*innen jedenfalls können von Glück sprechen, sie an ihrer Seite zu haben.

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Text: Katharina Auberger

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Rosemarie Hopfenwieser arbeitet am AMEOS Klinikum Inntal, einem Akutklinikum für psychosomatische Erkrankungen in Simbach am Inn in Niederbayern. Hier sind Ärzt*innen, Therapeut*innen und Psycholog*innen auf die Familienpsychosomatik und auf die Transkulturelle Psychosomatik spezialisiert. In der Klinik für Familienpsychosomatik können Eltern gemeinsam mit ihren Kindern als Patient*innen aufgenommen werden. In der Klinik für Transkulturelle Psychosomatik bieten mehrsprachige Behandlungsteams muttersprachige und kulturspezifische Psychotherapie für Patient*innen in bosnischer, kroatischer, serbischer, türkischer, russischer und deutscher Sprache an. In beiden Kliniken werden individuelle Therapiepläne erstellt und die psychotherapeutische und medizinische Behandlung mit körperbezogenen Therapien, kreativen Methoden, realitätsbezogener Soziotherapie und diversen Entspannungsverfahren kombiniert. Das Akutklinikum hat 60 Betten für Patient*innen zzgl. Begleitpersonen und bietet auch die Möglichkeit zur Aufnahme von Privatpatient*innen. Das AMEOS Klinikum Inntal ist Gründungsmitglied im Bündnis gegen Depression im Landkreis Rottal-Inn.