Zahlreiche Studien belegen, dass der positive Einfluss von körperlichem Training auf eine psychische Erkrankung, wie Depressionen, in etwa so hoch ist wie der einer Psychotherapie oder einer medikamentösen Behandlung. Auch in puncto Abbruchquote und Rückfallrate kann Sport als Behandlungsform durchaus mit den gängigen medikamentösen und psychotherapeutischen Behandlungsformen mithalten und bewirkt zum Teil sogar weniger Rückfälle. Das AMEOS Klinikum Osnabrück hat auf dieser Grundlage das Konzept der Sport- und Bewegungstherapie weiterentwickelt und legt einen grossen Schwerpunkt auf die Mitbehandlung psychischer Erkrankungen.
Die Wirkung von Sport und Bewegung auf psychische Erkrankungen wird heute erforscht. In den letzten 15 Jahren ist deutlich geworden: Körperliches Training führt zur Zunahme von Neuroplastizität – der Fähigkeit des Gehirns, sich selbst zu regenerieren und erneut zu strukturieren. Zudem beeinflusst körperliches Training – insbesondere Ausdauersport – die Neurotransmittersysteme, die bei der Entstehung und Aufrechterhaltung psychischer Erkrankungen eine entscheidende Rolle spielen.
Menschen aller Altersklassen pro-fitieren von den positiven Effekten des Sports. Die Wirkungsweise ist breit, jedoch noch nicht abschlies-send erforscht. Es zeigt sich, dass derzeit kein anderes Verfahren bekannt ist, das derart umfassend und wirksam neuropsychiatrische Erkrankungen positiv beeinflussen kann. Bisher spielte die gezielte körperliche Aktivität als Behandlungsform in der Versorgung psychischer Erkrankungen zumeist eine nebensächliche, allenfalls ergänzende Rolle. Doch die Erkenntnisse zeigen: Es ist an der Zeit, sich mehr zu bewegen.

Das hat auch das Team der Sport- und Bewegungstherapie des AMEOS Klinikums Osnabrück umgesetzt und die Konzeption auf der Grundlage der aktuellen Erkenntnisse weiterentwickelt. Am meisten Bewegung ist dabei in die sport- und bewegungs-therapeutischen Angebote gekommen, wobei der Fokus auf dem besonders wirksamen aeroben Ausdauertraining liegt: Neben der Möglichkeit zu angeleiteten Nordic-Walking-Gruppen bietet die Abteilung in einem speziell mit Fahrradergometern, Crosstrainern und Trampolinen ausgestatteten Raum Ausdauersporteinheiten an. Hier werden die Erkrankten beispielsweise mit einer an die Wand gebeamten virtuellen Fahrradtour durch die Berge zum „Mitfahren“ motiviert. Mit ein paar Handgriffen lässt sich der Raum ebenfalls für Step-Aerobic-Einheiten nutzen, sodass unterschiedliche Formen des Ausdauersports berücksichtigt werden können. 
Für das therapeutische Fachpersonal gilt, die richtige Art, das richtige Mass und – sei sie noch so gering – die intrinsische Motivation zu körperlicher Aktivität zu finden. Denn dies erhöht die Wahrschein-lichkeit, dass die Teilnehmenden auch langfristig in ihrem Alltag dabeibleiben, um die heilsamen Auswirkungen des Ausdauertrainings nachhaltig zu verankern. Infoposter, die über die Wirkung von Sport und Bewegung auf psychische Erkrankungen aufklären, unterstützen diesen Ansatz und hängen auf den Stationen aus.

Auch die kontinuierliche Fortbildung der Mitarbeitenden ist ein wesentlicher Bestandteil der Konzeption, so wurde für sie ein entsprechendes Angebot zum Thema Sport und Bewegung bei psychischen Erkrankungen etabliert.
Damit die uns anvertrauten Personen auch in ihrer therapiefreien Zeit und an den Wochenenden sportlich aktiv sein können, steht seit Neuestem ein Outdoorfitnessbereich auf dem Gelände des Klinikums zur Verfügung, auf dem es verschiedene Trimm-dich-Stationen gibt. Hier finden alle, vom Alter unabhängig, eine Möglichkeit, den positiven Zusammenhang von Aktivität und Stimmung zu erfahren und ihren Therapieerfolg selbstwirksam zu beeinflussen – eine effektive Therapie und Rückfallfallprophylaxe, ganz ohne Nebenwirkungen.


Autorin: Elisabeth König, Motologin (M. A.), Sport-  und Bewegungstherapie, AMEOS Klinikum Osnabrück

Literatur:

Babyak, M., Blumenthal, J. A., Herman, S., Khatri, P., Doraiswamy, M., Moore, K., Craighead, W. E., Baldewicz, T. T. & Krishnan, K. R. (2000). Exercise Treatment for Major Depression: Maintenance of Therapeutic Benefit over 10 Months. Psychosom Med, 62, S. 633 – 638. 
Pajonk, F. G. (2015). Neurobiologische und neuroendokrinologische Grundlagen. In: V. Markser & K. J. Bär (Hrsg.). 
Sport- und Bewegungstherapie bei seelischen Erkrankungen. Forschungsstand und Praxisempfehlungen. Stuttgart: Schattauer, S. 18 – 32.
Schulz, K.-H., Meyer, A. & Langguth, N. (2012). Körperliche Aktivität und psychische Gesundheit. 
Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz, 55, S. 55 – 65.


Erbaut auf dem Gelände eines ehemaligen Klosters vor über 150 Jahren steht das heutige AMEOS Klinikum Osnabrück Menschen mit seelischen Krankheiten, Störungen und Behinderungen offen.

Unsere Aufgabe ist die Behandlung psychisch erkrankter Menschen und die Wiedereingliederung in ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben im familiären, sozialen und beruflichen Bereich. Dabei kommen alle modernen therapeutischen Verfahren, wie Psychotherapie, Pharmakotherapie, Ergotherapie, Kunsttherapie, Musiktherapie, Sport- und Bewegungstherapie sowie professionelle Pflege zum Einsatz. Angehörige und Bezugspersonen werden hierbei stets in den Prozess mit einbezogen.

Das AMEOS Klinikum Osnabrück liegt auf dem Gertrudenberg in der Nähe der Osnabrücker Innenstadt mit einer sehr guten Verkehrsanbindung.