Ein neu in der EU zugelassener Wirkstoff eröffnet Patientinnen und Patienten mit seltenem Krebsleiden eine neue Therapieform. Dr. Kersten Borchert, Chefarzt der Klinik für Hämatologie und Onkologie am AMEOS Klinikum Aschersleben, und die Berliner Charité behandeln den 52-jährigen Steffen Skibowski aus Hoym. Er ist einer der ersten Patienten, bei dem die neue Immuntherapie angewendet wird. Zubereitet wurde das Medikament in einem aufwendigen Verfahren in der Apotheke im AMEOS Klinikum Bernburg.

Kampf gegen den Krebs

Steffen Skibowski kämpft seit Jahren gegen den Krebs. Ein seltener Augentumor, das so genannte Aderhautmelanom, hat sich bei ihm ausgebreitet und im Verlauf seine Leber mit Metastasen befallen. Vor etwa einem Jahr wurde die Augenerkrankung operiert. Die Weiterbehandlung der Lebermetastasen übernimmt Facharzt Dr. Kersten Borchert. „Mit dem Wirkstoff Tebentafusb haben wir eine neue Klasse in der Therapieoption“, sagt er.

Erste Anwender in deutscher Krankenhauslandschaft

In den USA bereits seit einiger Zeit auf dem Markt, hat der Wirkstoff Tebentafusp (Kimmtrak®) erst im April dieses Jahres seine Zulassung in Europa erhalten. Dr. rer. nat. Tobias Brandt von der AMEOS Krankenhausapotheke Bernburg und Dr. med. Kersten Borchert vom AMEOS Klinikum Aschersleben gehören zu den ersten Anwendern in der deutschen Krankenhauslandschaft. „Damit die Immuntherapie von Steffen Skibowski so schnell beginnen konnte, war die Teilnahme an einem so genannten Early-Access-Programm (früher Zugang) erforderlich“, sagt Dr. Kersten Borchert.

Die Zubereitung des Präparats ist keine Alltäglichkeit für sein Team gewesen, räumt Apotheker Dr. Tobias Brandt offen ein. Die besondere Herausforderung liegt dabei in der exakten Dosierung wahrhaft winziger Mengen. Insgesamt werden nur 0,34 Milliliter des Medikaments benötigt – zum Vergleich: das entspricht etwa einem Tropfen Wasser.

„Das teuerste Medikament, das wir je hatten“

Zusammengesetzt ist das Medikament aus zwei synthetisierten Antikörperfragmenten und einer Proteinlösung. Wegen des enthaltenen Eiweißanteils darf die Lösung auf keinen Fall geschüttelt werden, da sich sonst Luftblasen bilden könnten, die keinesfalls die Vene des Patienten gelangen dürfen. Auch reduziert sich die zur Verfügung stehende Menge, wenn durch die Schaumbildung ein Rest im Infusionsbeutel zurückbleibt.

Die Kosten für das Medikament sind enorm. Dr. Tobias Brandt spricht vom „teuersten Medikament, das wir je hatten.“

Per Kurier ist das Medikament von Bernburg ins AMEOS Klinikum Aschersleben gebracht worden. Eine Batterie von Kühl-Akkus schützt den winzigen Beutel mit dem wertvollen Wirkstoff. Behutsam packen Sneha Muralidhar, Ärztin in Weiterbildung, und Chefarzt Dr. Kersten Borchert ihn aus und präparieren eine Kochsalzlösung, um das Medikament zu infundieren.

Schokopudding und andere Mutmacher

Steffen Skibowski ist für die Behandlung auf der Intermediate Care (IMC) Station des Klinikums aufgenommen worden. Diese besondere Station bietet umfassende Monitoring- und Kontrollfunktionen sowie weitere Medizintechnik, die in puncto Ausstattung schon fast einer Intensivstation gleichkommt. Sensoren am Körper von des 52-Jährigen erfassen vollautomatisch wichtige Vitalparameter und machen sie auf einer Reihe von Monitoren sichtbar. So kann auf jede Veränderung des Gesundheitszustands unmittelbar reagiert werden – zur Sicherheit des Patienten.

Die Infusion braucht etwa eine Viertelstunde um in den Blutkreislauf von Steffen Sibowski zu gelangen. Während sie langsam durchläuft, beantworten Ernährungstherapeut Andreas Buchhart und der Chefarzt Fragen des Patienten zur Verträglichkeit von Lebensmitteln. Stark säurehaltige Lebensmittel sind nur mit Vorsicht zu genießen, Schokopudding ist erlaubt.

Als Dr. Borchert den Infusionsbeutel abnimmt, spricht Steffen Skibowski ihn mit fester Stimme an. „Ich weiß, dass ich in guten Händen bin!“ Es ist ein Satz, der seiner Dankbarkeit und seinem Mut zugleich Ausdruck verleiht.