Die einzelnen Werte des Blutbilds können nicht nur Hinweise auf Krankheiten und Mangelernährung geben. Sondern auch darauf, dass ein Messfehler vorliegt. Welche Rückschlüsse die Werte MCV und MCHC zulassen und warum die Fahrerlaubnis davon abhängen kann, erklärt Dr. med. Daniel Mardi, Chefarzt für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin im AMEOS Klinikum Am Bürgerpark Bremerhaven.

Blasse Haut, Müdigkeit, Herzrasen, Atemnot: Das sind Anzeichen für eine Blutarmut, in der Medizin Anämie genannt. „Diese Symptome sind generell Anlass für ein Blutbild“, sagt Dr. Mardi. Neben dem im vorherigen Artikel unserer Reihe vorgestellten MCH ist der MCV dann besonders wichtig. Er zeigt an, welches Volumen die roten Blutkörperchen der Patienten haben.

Ernährung hat großen Einfluss

Ein zu niedriges MCV kann eine Blutarmut bestätigen. Die Ursache ist meist ein Mangel an Eisen, Kupfer oder Vitamin B6. „Eisenmangel ist häufig bedingt durch Blutungen – auch durch eine gesteigerte Menstruation“, erläutert der Mediziner. Er lässt sich zum Beispiel durch Ernährung oder Präparate beheben. Der Wert kann aber auch auf chronische Entzündungen, etwa bei Rheuma, oder gar Tumore hinweisen.

„Ist das MCV zu hoch, sind Folsäure und Vitamin-B12-Mangel mögliche Ursachen“, sagt Dr. Mardi. Dann sind die roten Blutkörperchen vergrößert. Mögliche Auslöser sind unter anderem die Ernährung, Medikamente oder Alkoholkonsum. Sehr selten stecken auch Knochenmarks-Erkrankungen wie das Myelodysplastische Snydrom dahinter. Nicht nur Vegetarier oder Veganer haben oft ein erhöhtes MCV, sondern auch Menschen, die zu wenig Gemüse essen. Denn einerseits wird Vitamin B12 hauptsächlich über Fleisch zu sich genommen. Folsäure andererseits steckt meistens in Gemüse.

Hinweis auf Alkoholkonsum

Das Volumen der Blutkörperchen steigt durch regelmäßigen Alkoholkonsum ebenfalls an. Deshalb wird das MCV auch bei der Medizinisch- Psychologischen Untersuchung (MPU) zur Wiedererlangung des Führerscheins überprüft. „Die roten Blutkörperchen leben bis zu 120 Tage. Damit lässt sich mit Abstrichen zurückverfolgen, ob man alkoholabstinent war oder nicht“, so Dr. Mardi.

MCHC: Eine stabile Größe

Rückschlüsse anderer Art ermöglicht die MCHC. Sie zeigt den Anteil des Hämoglobins an der Gesamtmasse der roten Blutkörperchen an. Dieser Wert ist in aller Regel stabil im Normalbereich von 31 bis 36 Gramm pro Deziliter. „Die MCHC ist ein Kontrollwert für das Gerät im Labor. Wenn er abweicht, liegt wahrscheinlich ein Messfehler vor“, weiß der Chefarzt. Dann wird die Blutprobe erneut ausgewertet.

In seltenen Fällen weist der Wert aber auf Krankheiten hin. So zum Beispiel auf die genetisch bedingte Kugelzellanämie. Die roten Blutkörperchen sind dann wie Kugeln geformt statt wie runde Scheiben und damit empfindlicher – sie sterben schneller ab, es entsteht eine Blutarmut. Diese lässt sich aber gut behandeln.

Der MCHC zeigt, wie aussagekräftig die einzelnen Werte des Blutbilds für das Gesamtergebnis sein können. „Bei vielen Erkrankungen ist das Blutbild unverzichtbar. Es ist wichtig, es lesen und Schlüsse daraus ziehen zu können“, unterstreicht Dr. Mardi.

Steckbrief Mittleres Erythrozytenvolumen (MCV)

  • Durchschnittliches Volumen der roten Blutkörperchen
  • Normalwert: Zwischen 82 und 98 Femtoliter (Milliardstel Liter)
  • Über Normalwert: Mangel an Folsäure oder Vitamin B12, Nebenwirkungen von Medikamenten und Chemotherapien, übermäßiger Alkoholkonsum
  • Unter Normalwert: Anzeichen für Blutarmut, chronische Entzündungen

Steckbrief Mittlere korpuskulare Hämoglobin-Konzentration (MCHC)

  • Durchschnittliche Konzentration des Hämoglobins an der Gesamtmasse der roten Blutkörperchen
  • Normalwert: 31 bis 36 Gramm pro Deziliter
  • Über Normalwert: Meist Messfehler. Selten: Intravasale Hämolyse, Kugelzellen-Anämie, Hypertriglyceridämie
  • Unter Normalwert: Meist Messfehler. Selten: Verschiedene Arten der Blutarmut, Eisen- oder Kupfermangel, Eisenverwertungsstörungen