Silvesterpartys und Feuerwerk sind abgesagt und die Corona-Pandemie wird uns auch nach dem Jahreswechsel beschäftigen. Wie wir den Silvestertag trotzdem auf schöne Weise verbringen und positiv ins neue Jahr starten können, darüber sprach Prof. Dr. Uwe Gonther im Interview mit der Nordsee-Zeitung.

Prof. Gonther ist Ärztlicher Direktor der psychiatrischen Bereiche der AMEOS Klinika in Bremen und Geestland. Als Mittel für gute Laune an Silvester empfiehlt er, nicht nur auf dem eigenen Sofa zu sitzen, sondern sich an der frischen Luft zu bewegen. „Das kann zum Beispiel ein achtsamer Spaziergang in der eigenen Nachbarschaft oder in der Natur sein“, sagt der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und rät: „Schauen Sie einmal ganz bewusst hin: Wo lebe ich eigentlich? Wer wohnt in meiner Nähe? Sind die Fenster noch geschmückt? Für all diese Dinge bleibt meist keine Zeit, in diesem Jahr bietet der Lockdown eine gute Gelegenheit dafür.“ An Heiligabend fiel Prof. Gonther auf, dass bereits viele Menschen sich auf den Weg gemacht hatten und in Kleingruppen zu Fuß unterwegs waren, viel mehr als in früheren Jahren. Natürlich müsse dabei auf die Einhaltung der Corona-Abstandsregeln und die Kontaktbeschränkungen geachtet werden.

Zusammensein im kleinen Kreis statt großer Partys

Statt der großen Party gäbe es nun die Möglichkeit, gemeinsam etwas Lustiges zu spielen und Freude in die Familie zu bringen. „Es geht um Ablenkung durch lustiges Zusammensein – natürlich nur im kleinen und erlaubten Kreis“, betont der Ärztliche Direktor. „Außerdem ist der Silvesterabend in diesem Jahr eine gute Gelegenheit, darüber zu reden, wie es einem eigentlich in dem vergangenen Corona-Jahr ergangen ist. Dabei sollten alle Familienmitglieder zu Wort kommen und einander zuhören.“

Doch was, wenn Streit ausbricht? Prof. Gonther rät, klare Regeln zu benennen, unter denen man streiten möchte. Dazu gehört: keine Gewalt, nichtlaut und ausfallend werden und den anderenunbedingt ausreden lassen. Dann kannsogar aus dem Streit heraus etwas Sinnvollesentstehen, vielleicht die Lösung einesbereits lange andauernden Konfliktes oderein neuer Umgang miteinander.

Krisen gehören zum Leben dazu und können überwunden werden

Auf die Frage, wie wir trotz Corona positiv ins neue Jahr gehen können, antwortet Prof. Gonther: „Wir können unsbewusst machen, dass Krisen zum Lebendazu gehören und wir sie überwinden können.Der Schlüssel dazu ist die Hoffnung.“ Ihnbeeindrucke es sehr, wie die Generationder über 80-Jährigen, die mit denKriegsfolgen aufgewachsen sind, mit derCorona-Krise umgeht. Sie nähmen Coronaernst und gingen trotzdem pragmatisch damitum. „Sie haben im Leben die Erfahrunggemacht, dass man schlimme Phasen überstehenkann. Das zeigt eine tapfere Grundhaltungund macht doch Mut.“

Hilfreichkann es laut Prof. Gonther auch sein, die Kunst zurate zu ziehenund Bilder zu betrachten, die man besondersschön findet. Auch ganz bewusstdie Lieblingsmusik anzuhören sorgt für einegute Stimmung. Viele finden Trost inder Lyrik. Prof. Gonther empfiehlt moderne Gedichte der Literaturnobelpreisträgerin Louise Glück. Darin ginge es auch viel um Krisen. Aber gerade aus der sprachlichen Bewältigung von Krisen könne man Trost ziehen. Der Blick in Kunst und Geschichte lehre, dass man Krisen überstehen kann, wenn die Menschen zusammenhalten.